Interview zum Stipendium „Präsenz vor Ort 2015“
Anja Ciupka lebt mit ihren beiden Töchtern (zwei und dreieinhalb Jahre) und ihrem Lebenspartner in Düsseldorf. Das Frauenkulturbüro NRW hat ihr Fragen zu ihrer gegenwärtigen Situation gestellt.
FKB: Frau Ciukpa, seit Januar 2015 erhalten Sie im Rahmen des Stipendiums „Präsenz vor Ort“ eine monatliche Förderung von 700 €. Was hat sich für Sie seither verändert?
Anja Ciupka:
Als Bildende Künstlerin mit dem Schwerpunkt im Bereich Skulptur und Installation benötigt man ein ausgeklügeltes System, um einerseits seinen Lebensunterhalt zu verdienen, andererseits aber auch genügend Spielraum, Kraft, und Zeit für die Erstellung neuer künstlerischer Arbeiten und die Realisation von Ausstellungen. Durch die Gründung einer Familie kommen weitere Aufgaben hinzu. Man möchte nun auch seine Kinder angemessen versorgen und ihnen genügend Zeit widmen. Viele Ansprüche sind gleichzeitig zu bewältigen und werden oft auch als hohe Anforderungen erlebt. Als ich erfahren habe, dass ich das Stipendium „Präsenz vor Ort“ erhalte, war ich sehr erleichtert und habe es als große Entlastung empfunden.
FKB: Erlaubt Ihnen die Förderung verstärkt künstlerisch zu arbeiten? Gibt es neue Ziele, die Sie sich aufgrund der monatlichen Zuwendung stecken können?
Anja Ciupka:
Zu Beginn des Förderjahres habe ich meine schon länger geplante Einzelausstellung „Family Affairs“ im Kunstverein Pforzheim realisiert. Nun folgt die Erstellung des gleichnamigen Kataloges, auch hierbei wird das Stipendium mich entlasten.
FKB: Wäre Ihre künstlerische Karriere ohne Kinder anders verlaufen?
Anja Ciupka:
Am Titel der Ausstellung „Family Affairs“ ist bereits sichtbar, dass die Themen meiner Arbeiten unter anderem Familien- und Partnerschaftsmodelle im Rahmen ihrer gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen hinterfragen. Natürlich reflektiere ich dabei auch persönliche Erfahrungen und Empfindungen. In diesem Sinne würde ich gern in positiver Weise sagen, dass ich meine künstlerische Arbeit auch mit Kindern und Familie weiter fortführe. Ein Abwägen, ob sie ohne Kinder anders verlaufen wäre, steht für mich nicht zur Debatte. Wichtig dagegen finde ich es, dass wir für Männer und Frauen Modelle entwickeln, die es uns erlauben, berufliche Ansprüche zu verwirklichen ohne auf wichtige Lebensinhalte verzichten zu müssen. Hierbei ist das Stipendium „Präsenz vor Ort“ eine wichtige materielle aber auch ideelle Hilfestellung.
FKB: Sollte es mehr spezifische Förderungen dieser Art geben, um Künstlerinnen zu unterstützen? Haben Sie Vorschläge?
Anja Ciupka:
Sowohl Künstlerinnen als auch Künstler sollten dabei unterstützt werden, Familie und Berufung zu vereinbaren. Stipendien, die mit einer Präsenz an anderen Orten verbunden sind, sind für Eltern mit kleinen Kindern oftmals unrealistisch, da eine produktive Arbeitszeit auch nur in Verbindung mit einer qualitativ guten Kinderbetreuung möglich ist. Diese und anderen kontinuierliche Strukturen helfen es den Familienalltag zu stabilisieren und ein Stipendium vor Ort wird somit zur tatsächlichen Entlastung, die wiederrum Freiraum für die Kunst gibt.