Eva Bolarinwa

Stipendiatin des Programms „Präsenz vor Ort“ 2018

Schon in ihrer Schulzeit wurde sie als Jungstudentin an der Musikhochschule Köln aufgenommen und beendete ihr Studium in der Meisterklasse mit dem Konzertexamen. Neben ihrer künstlerischen Tätigkeit unterrichtet sie inspirierend und sehr erfolgreich. Die Gründung des Ensembles „Trio Sonartis“ und die Spezialisierung auf besondere Formate wie Hauskonzerte und interdisziplinäre Konzerte bilden den Kern ihres künstlerischen Schaffens.

FKB: Eva, du bist freischaffende Musikerin und unterrichtest gleichzeitig. Ist das Unterrichten eine Notwendigkeit, um deinen Lebensunterhalt zu finanzieren?

Eva: Ganz klar ja, denn gerade mit Familie ist ein regelmäßiges und zuverlässiges Einkommen notwendig. Aber ich unterrichte wirklich gern und mit großer Leidenschaft. Mit jungen Menschen zusammenzuarbeiten macht mir großen Spaß und liebe es, wenn sie anfangen – wie ich­ ­–  für die Musik und ihr Instrument zu brennen. Ich habe das Glück, immer wieder mit herausragenden Schülerinnen und Schülern arbeiten zu können; unter ihnen sind mehrere mehrfache Bundespreisträger/innen des Wettbewerbes „Jugend musiziert“ und viele meiner ehemaligen Schüler/innen sind mittlerweile studierte Kolleg/innen :-).  Somit bewegt sich das Unterrichten handwerklich und künstlerisch meist auf hohem Niveau und stellt für mich eine Bereicherung dar.

FKB: Was muss frau tun, um im Musikgeschäft zu bestehen?

Eva: Leidensfähig sein; um im Musikgeschäft zu bestehen, muss man durchhalten und sowohl kreativ als auch flexibel sein. Die musikalische Qualität und die Motivation zur künstlerischen Weiterentwicklung sind dabei wesentliche Voraussetzungen. Die (zeitliche) Flexibilität kann zu einer richtigen Herausforderung werden kann, vor allem wenn frau Kinder hat.

FKB: Ist Wandelbarkeit eine Voraussetzung für den Erfolg?

Eva: Auf der einen Seite ja, denn man muss auf die Veränderungen der Musikwelt reagieren können. Auf der anderen Seite ist es wichtig den eigenen Weg zu finden, um sich zu etablieren.

FKB: Wann bist du Mutter geworden und was hat sichseit dem verändert?

Eva: Alma wurde im September 2012 geboren und Jonathan im November 2016. Vieles hat sich seitdem verändert, aber vor allem die Prioritäten und der Faktor Zeit.

FKB: Welche konkreten Einschränkungen musst du hinnehmen?

Eva: Die größten Einschränkungen liegen im Bereich der frei verfügbare Zeit und der Flexibilität. Mit den Kindern muss ich immer alles gut und „wasserdicht“ im Voraus planen. Spontanität und Ausnahmen sind nur sehr begrenzt möglich. Doch trotz dieser Einschränkungen glaube ich durch meine Kinder zu einer besseren Künstlerin geworden zu sein und das obwohl ich meine begrenzte Zeit nun viel genauer einteilen muss als zuvor. Mit dem Muttersein ist eine Palette mit neuen Farben in mein Leben gekommen, andere, zum Teil auch dunkle Farben, aber vor allem sehr, sehr viele wunderschöne, helle Farben. Das hat mich verändert, was sich selbstverständlich auch im Spielen widerspiegelt.

FKB: Erhältst du Unterstützung?

Eva: Ja, von meinem Mann. Wir halten uns so gut es geht gegenseitig den Rücken frei. Da wir beide arbeiten, geben wir uns oft die Klinke in die Hand.  Aber so geht es vermutlich vielen berufstätigen Eltern. Wir Musikerinnen mit Kindern haben nur andere Zeiten und vor allem immer wieder sehr extreme Phasen. Vor solch belastenden Phasen frage ich mich manchmal, ob wir sie überhaupt heil überstehen werden. Aber dann klappt es doch immer irgendwie. Und wenn es zeitlich allzu eng wird, kommt die Oma angereist, übernachtet bei uns für ein paar Tage und hilft mit.

FKB: Wie sieht dein Arbeitsalltag aus? Wieviel Raum nimmt bei dir die musikalische Arbeit ein?

Eva: Die Tage sind bei mir sehr unterschiedlich. Grundsätzlich kommt es zunächst einmal auf den jeweiligen Wochentag an und welches Projekt gerade aktuell ist. Demnach liegen dann meine Schwerpunkte auf Üben, Proben, Unterrichten, Akquise, Forschung oder ich habe die Kinder und mache den Haushalt. Den Standard-Tag gibt es derzeit bei mir nicht. Auch wenn ich diese Abwechslung  mag, wünsche ich mir dennoch mehr Zeit für meinen Beruf. Es fällt mir oft schwer, nach der Krankheitsphase eines der Kinder oder nach Abschluss eines Projektes wieder ins konzentrierte Üben oder Schreiben zu kommen.

FKB: Wie stark bist du mit Öffentlichkeitsarbeit, Organisation und Verwaltung beschäftigt?

Eva: Im Verhältnis zur aktiven Beschäftigung mit der Musik, empfinde ich den zeitlichen Aufwand für Verwaltung, Akquise etc. als zu hoch. Aber wenn ich diese Arbeiten nicht mache, kann ich es mit dem Üben auch gleich sein lassen.

FKB: Wie hast du das einjährige Stipendium „Präsenz vor Ort“ für deine musikalische Entwicklung nutzen können?

Eva: Das Stipendium gab mir die Möglichkeit mehr Zeit zum Üben und für Akquise aufzubringen. Gleichzeitig habe ich angefangen, mich intensiver mit Musikforschung beschäftigen.
Es freut mich sehr, Evelyn Buyken durch das Stipendium kennengelernt zu haben. Uns verbindet neben dem Stipendium das Interesse an künstlerischer Forschung. Ebenso freut es mich, mit Catherine Klipfel  dieses Jahr zwei Mal aufzutreten. So hat das Stipendium schöne persönliche und berufliche Verbindungen geschaffen.
Neben der finanziellen Unterstützung und den schönen Kontakten war für mich das Wichtigste dieser Förderung die Anerkennung als Künstlerin. Wenn das „Mutter sein“ phasenweise sehr viel Kraft und Zeit beansprucht, droht das Selbstbild der Künstlerin stark ins Hintertreffen zu geraten. Hier hat mir das Stipendium durch das mir entgegengebrachte Vertrauen und die offizielle Anerkennung viel gebracht. Dafür bin ich zutiefst dankbar.

FKB:  Im Rahmen des Stipendiums ermöglichte das FKB dir und dem Trio Sonartis ein Konzert im Kammermusiksaal des Beethovenhauses in Bonn. Mangelt es insgesamt an Auftrittsmöglichkeiten und wie sieht die Bezahlung im Konzertbetrieb für klassische Musik aus?

Eva: Es mangelt vor allem an angemessen bezahlten Auftritten. Mit dem Trio Sonartis versuchen wir stets im Anschluss an reine Probenphasen zumindest ein Konzert zu spielen, damit wir für unsere musikalische Arbeit nicht noch drauf zahlen müssen. Für uns ist es immer gut, mehrere Konzerte im gleichen Gebiet zu spielen, um Fahrtkosten zu sparen. Das ist aber leider nicht oft zu bewerkstelligen. Für viele Künstlerinnen wäre es traumhaft, wenn sich Konzertveranstalter einer Region zusammenschlössen (anstatt gegeneinander zu konkurrieren). Die Musiker/innen könnten sozusagen „durchgereicht“ werden und alle profitierten von der Aneinanderreihung der Auftritte.

An einem Ort wie dem Kammermusiksaal des Bonner Beethovenhauses aufzutreten, ist schon etwas Besonderes. Deswegen haben wir es sehr genossen, im Mai 2018 für das Frauenkulturbüro dort spielen zu dürfen (Ein Konzert in solch einem Saal zu geben, geschieht nicht häufig).
Das Interview führte Heidi Matthias